Judith Szapor
Senior Fellow (01/2018–05/2018)
Gender, Rasse und jüdische Familie in Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg. Frauen und der Numerus Clausus 1919–1928
Im September 1920 verabschiedet, beschränkte das ungarische Numerus-Clausus-Gesetz den Zugang von Jüdinnen und Juden zu den Universitäten auf sechs Prozent aller Studierenden, den prozentualen Anteil der jüdischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung des Landes. Jüdische Frauen waren von diesem Gesetz überproportional betroffen, einerseits wegen des nun de facto bis 1923 gültigen Immatrikulationsverbots für Frauen, andererseits wegen des hohen Anteils von jüdischen Studentinnen an den Universitäten Ungarns vor dem Ersten Weltkrieg. Die juristische und politische Geschichte des Gesetzes, das – indem es das Prinzip der staatsbürgerlichen Gleichheit untergrub – den Boden für den Holocaust bereitete, ist inzwischen weitestgehend bekannt. Untersuchungen zu den sogenannten Numerus-Clausus-Flüchtlingen, zu jenen Studierenden, die Ungarn verließen, um in Österreich, Deutschland, der Tschechoslowakei oder anderswo zu studieren, liegen ebenfalls schon vor.
Allein Arbeiten über die spezifischen Erfahrungen von Frauen oder gar über die genaue Zahl derer, die von diesem Gesetz betroffen waren, gibt es bis heute nicht. Das Projekt wird daher archivalische und mündlich überlieferte historische Quellen heranziehen, um die sozialen und geschlechtsspezifischen historischen Aspekte dieses Phänomens näher zu beleuchten. Auch die durch dieses Phänomen bedingten individuellen und familiären Strategien sowie die Auswirkungen auf Lebensentscheidungen, wie Verehelichung oder Emigration, werden erörtert.
Judith Szapor ist Assistant Professor für moderne europäische Geschichte an der McGill University, Montreal. Zu ihren Veröffentlichungen gehören u.a. Jewish Intellectual Women in Central Europe 1860-2000. Twelve Biographical Essays, Lewiston, N.Y. u.a. 2012 (gemeinsam mit Andrea Pető, Maura Hametz, and Marina Calloni) sowie die vor der Drucklegung stehende Monografie Hungarian Women’s Activism in the Wake of the First World War. From Rights to Revanche.