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Natalia Aleksiun

Senior Fellow (03/2014 – 08/2014)

 

"Christliche Leichen für Christen": Die Kadaver-Affäre, der Antisemitismus und die Ausbildung jüdischer Ärzte im Europa der Zwischenkriegszeit

 

ALEKSIUNIn meiner Arbeit widme ich mich dem Konflikt um die sogenannte Kadaver-Affäre an medizinischen Abteilungen ost- und mitteleuropäischer Universitäten in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Bereits 1921 hatten christliche Studentenverbindungen in Polen von den jüdischen Gemeinden der Umgebung die Bereitstellung von Leichen in proportionaler Anzahl zu den jüdischen Medizinstudenten und -Studentinnen verlangt. Sie drohten, ihre jüdischen Kollegen von der Teilnahme an Anatomievorlesungen und Laborunterricht abzuhalten, solange dies nicht geschehe. Die rechtsgerichteten studentischen Aktivisten argumentieren, dass die jüdische Gemeinde im Angesicht des permanenten Mangels von Körperspenden ihrem Teil der Verantwortung, Leichen zur Verfügung zu stellen, nicht nachkäme. Der Konflikt im und um den Sektionssaal vereinte mehrere Argumente über Wissenschaft und Fortschritt, die gerechte Aufteilung von Rechten und Verpflichtungen und der angeblichen jüdischen Wahrnehmung einer religiösen und rassischen Überlegenheit. Letztendlich lag die tiefere Bedeutung der Kadaver-Affaire in dem Wunsch, Juden und nicht-Juden zu trennen. Die Affaire öffnet auch ein Sichtfenster auf die politischen Strategien, derer sich die verschiedenen Teilnehmer der jüdischen Gemeinden bedienten, wenn sie mit Bedrängnis und Verfolgung konfrontiert waren.

 

 

Natalia Aleksiun ist außerordentliche Professorin Moderner Jüdischer Geschichte am Touro College, Graduate School of Jewish Studies, New York und wissenschaftliche Mitarbeiterin in Moderner Geschichte am Institut für Geschichte der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Zu ihren Publikationen zählt 'Where to? The Zionist Movement in Poland, 1944-1950 (auf polnisch) und sie hat Band 20 von Polin (über das Gedenken an den Holocaust) mitherausgegeben. Ihre Artikel sind in Yad Vashem Studies, Polish Review, Dapim, East European Jewish Affairs, Studies in Contemporary Jewry, Polin, Gal Ed, East European Societies and Politics und German History erschienen.

 

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