Alicja Podbielska
Junior Fellow (10/2017–05/2018)
Die Erinnerung an Holocaustretter in Polen
Wann, wie und warum wurden polnische Retter von Juden offiziell zu nationalen Helden – waren sie doch im besetzten Polen in der Minderheit, ständig bedroht von der Denunziation durch ihre Landsleute: Sogar nach dem Krieg verheimlichten sie – aus Angst vor der Reaktion ihrer Nachbarschaft – ihre Taten oft. Dennoch entstand im offiziellen polnischen Diskurs zeitgleich die große Erzählung von der weitreichenden und durch die Allgemeinheit getragenen Hilfe. In der gegenwärtigen kollektiven Erinnerung stehen die Retter und Gerechten für das Heldentum der Nation schlechthin und bieten bei jedem Vorwurf des Antisemitismus ein Alibi.
Mit der Untersuchung, wie der öffentliche polnische Diskurs und die politische Kultur des Landes inzwischen mit der Hilfeleistung für Jüdinnen und Juden im besetzten Polen umgehen, wird erörtert, wie der Fokus eben auf die Rettung nicht nur zur bevorzugten, sondern zur einzig akzeptierten Form der Erinnerung an den Holocaust geworden ist.
Das durchaus produktive Erinnern an die Helferinnen und Helfer ergänzt die Erinnerung an die Opfer aber nicht, sondern verdrängt sie vielmehr.
Alicja Podbielska ist Doktorandin am Strassler Center for Holocaust and Genocide Studies der Clark University. Sie war EHRI-Fellow und Fellow in Yad Vashem sowie am United States Holocaust Memorial Museum.