Interventionen
Seit den 1980er-Jahren ist die Gedächtnispolitik und die zentrale Stellung des Holocaust darin zu einer globalen kulturpolitischen Debatte geworden. Ausgelöst von populären Produkten wie TV-Serien, der Gründung von Holocaust-Museen und Errichtung von Gedenkstätten und Mahnmalen, von Dokumentationen, Spielfilmen, Theaterstücken sowie Ausstellungen wurde und wird die Frage nach Sinn und Form der Erinnerung an den Holocaust bzw. nach deren Möglichkeiten und Grenzen höchst kontrovers erörtert.
Das Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) versteht seinen Vermittlungsauftrag als Aufgabe, den gedächtniskulturellen, den medienanthropologischen sowie den diskursiven Hintergrund popularer Erinnerungen an den Holocaust und andere Genozide auch für sein Publikum transparent zu halten. Dabei soll versucht werden, Materialität und Akt der Erinnerung selbst zum Thema und zum Problem der Vermittlung zu machen. Dies wird einerseits über die wissenschaftliche Debatte und Räsonnement erfolgen, andererseits soll die Fragestellung auch in verschiedensten Kontexten experimentell, im Rahmen von Interventionen im öffentlichen Raum erprobt werden. Dafür sollen auch Künstlerinnen und Künstler eingebunden werden.
rÆson_anzen
Nachklänge, Erinnerungen und Nachwirkungen – Resonanzen – sind in der Regel emotional besetzt, gefühlsbetont und individuell. Ziel dieser Veranstaltungsreihe ist es daher, jenseits von den heute vieldiskutierten ‚Echoräumen’ der sozialen Medien wieder ins Gespräch zu kommen und gerade an den Übergängen zwischen lebendiger Erinnerung, kollektivem Gedächtnis und wissenschaftlicher Analyse, dem gemeinsamen Überlegen und Reflektieren – kurz dem Räsonieren – einen Raum zu bieten: Unterschiedliche Aspekte, Zugänge und Annäherungen zu den Forschungsfeldern des VWI sollen hier ausgelotet, intergenerationelle Gespräche ermöglicht werden, nachfragen, grübeln und zweifeln erlaubt sein – oder frei nach Bertolt Brecht bzw. Marcel Reich-Ranicki: „Den Vorhang zu und alle Fragen offen“.
Intervention | |||
ORF-Lange Nacht der Museen 2021 | |||
von Samstag, 2. Oktober 2021 - 18:00 Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) Rabensteig 3, 1010 Wien
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Nachdem letztes Jahr die ORF-Lange Nacht der Museen nicht stattfinden konnte, freuen wir uns, dass das Museum Simon Wiesenthal – Die Zukunft des Erinnerns heuer wieder Teil des Programms ist. Am 2. Oktober 2021 ist ab 18:00 Uhr das Museum im Erdgeschoss des Wiener Wiesenthal Instituts für Holocaust-Studien (VWI) zugänglich. Führungen durch das Museum: 19.00 Uhr, 21.00 Uhr, 22.00 Uhr und 00.00 Uhr Bitte bringen Sie einen gültigen Lichtbildausweis mit. Es gelten die 3-G-Regeln. Zum Schutz aller Beteiligten bitten wir Sie, während der gesamten Veranstaltung eine FFP2-Maske zu tragen. Programm: „Wissen und Nichtwissen“, was wir von Zeugnissen Überlebender lernen können (18.30 Uhr) Das an der Yale University verankerte Fortunoff Video Archive for Holocaust Testimonies sammelt seit 1979 Zeugnisse von Überlebenden und Zeitzeug*innen des Holocausts. Gegenwärtig verfügt es über mehr als 4.400 Zeugenaussagen mit mehr als 12.000 Stunden Videomaterial, die von Yale und mehr als 30 Partnerorganisationen weltweit aufgenommen wurden. Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeit in Wien 1944/45. Zwei Filme (20.00 Uhr) Ende 1944 wurden ca. 55.000 ungarische Juden als Zwangsarbeiter/innen in das Gebiet des heutigen Österreichs verschleppt. Das VWI beschäftigt sich seit 2014 mit dieser Thematik, indem es relevante Quellen zusammenträgt, dokumentiert und ausführlich beforscht. Wiesenthal erzählt sich selbst. Ein Interview (21.30 Uhr) Der Film „The Lessons of Survival“ (57 Minuten, englisch) der bekannten Regisseurin, Schriftstellerin und Dramaturgin Inna Rogatchi ist ein Interview mit Simon Wiesenthal aus den Jahren 1994-95. In sehr persönlichen Statements wird hier ein spannender Einblick in Wiesenthals Leben und Wirken gegeben. Die Motivationen für das Aufspüren von nationalsozialistischen Täter*innen, um sie vor Gericht zu stellen, werden in diesem Film eindrucksvoll dargelegt. Gleichzeitig handelt es sich um ein wichtiges zeithistorisches Dokument, welches die Lebensgeschichte Wiesenthals seinem eigenem Narrativ folgend erzählt und akzentuiert. Simon Wiesenthal. Projekt „Judenplatz Wien“ (23.00 Uhr) Vortrag in englischer Sprache Anhand ausgewählter Dokumente aus dem Archiv Simon Wiesenthal wird gezeigt, wie sich Wiesenthal bereits seit den späten 1940er-Jahren für eine aktive Erinnerung an die Opfer der Shoah engagierte. Diese Erinnerung sollte seiner Meinung nach nicht nur Eingang in den breiteren gesellschaftlichen Diskurs finden, sondern sich auch sichtbar an einem zentralen Ort in der Stadt manifestieren: zum einen als Mahnmal und zum anderen als Ort an dem Überlebende trauern können. Schlussendlich sollte es über fünf Jahrzehnte dauern bis mit dem Mahnmal am Judenplatz seinem Wunsch – und dem vieler Anderer – Rechnung getragen wurde. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte der Website der Veranstaltung. |
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