Interventionen
Seit den 1980er-Jahren ist die Gedächtnispolitik und die zentrale Stellung des Holocaust darin zu einer globalen kulturpolitischen Debatte geworden. Ausgelöst von populären Produkten wie TV-Serien, der Gründung von Holocaust-Museen und Errichtung von Gedenkstätten und Mahnmalen, von Dokumentationen, Spielfilmen, Theaterstücken sowie Ausstellungen wurde und wird die Frage nach Sinn und Form der Erinnerung an den Holocaust bzw. nach deren Möglichkeiten und Grenzen höchst kontrovers erörtert.
Das Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) versteht seinen Vermittlungsauftrag als Aufgabe, den gedächtniskulturellen, den medienanthropologischen sowie den diskursiven Hintergrund popularer Erinnerungen an den Holocaust und andere Genozide auch für sein Publikum transparent zu halten. Dabei soll versucht werden, Materialität und Akt der Erinnerung selbst zum Thema und zum Problem der Vermittlung zu machen. Dies wird einerseits über die wissenschaftliche Debatte und Räsonnement erfolgen, andererseits soll die Fragestellung auch in verschiedensten Kontexten experimentell, im Rahmen von Interventionen im öffentlichen Raum erprobt werden. Dafür sollen auch Künstlerinnen und Künstler eingebunden werden.
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Nachklänge, Erinnerungen und Nachwirkungen – Resonanzen – sind in der Regel emotional besetzt, gefühlsbetont und individuell. Ziel dieser Veranstaltungsreihe ist es daher, jenseits von den heute vieldiskutierten ‚Echoräumen’ der sozialen Medien wieder ins Gespräch zu kommen und gerade an den Übergängen zwischen lebendiger Erinnerung, kollektivem Gedächtnis und wissenschaftlicher Analyse, dem gemeinsamen Überlegen und Reflektieren – kurz dem Räsonieren – einen Raum zu bieten: Unterschiedliche Aspekte, Zugänge und Annäherungen zu den Forschungsfeldern des VWI sollen hier ausgelotet, intergenerationelle Gespräche ermöglicht werden, nachfragen, grübeln und zweifeln erlaubt sein – oder frei nach Bertolt Brecht bzw. Marcel Reich-Ranicki: „Den Vorhang zu und alle Fragen offen“.
Intervention | |||
Matinee „Szenisches Erinnern der Shoah” | |||
Sonntag, 18. März 2018, 11:00 - 14:00 Rote Bar, Volkstheater, Arthur-Schnitzler-Platz 1, 1070 Wien
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Anlässlich des Gastspiels Strandflieder oder: Die Euphorie des Seins am 16. und 18. März im Volx Margareten diskutieren Margarete Rabow und Kurt Grünberg über die Möglichkeiten, Grenzen und Fallgruben einer szenischen Erinnerung der Shoa. Die Frankfurter Künstlerin, die in Wien bei Friedl Kubelka studierte, realisierte in ihrem Bemühen um offensive Trauerarbeit und Konfrontation mit gesellschaftlichen Automatismen von Anpassung und Verdrängung schon mehrfach unorthodoxe Kunstaktionen gegen das Vergessen in Buchenwald und in Frankfurt am Main. Kurt Grünberg forscht am Frankfurter Sigmund-Freud-Institut über die wortlose, generationenübergreifende Weitergabe von Traumata. Margarete Rabow bereitet zurzeit auf der Hauptallee im Wiener Prater eine Intervention im Gedenken an die 66.000 ermordeten österreichischen Jüdinnen und Juden im Juni 2018 vor. Am Podium sitzen die Künstlerin Margarete Rabow (Frankfurt am Main) und Moderation Doron Rabinovici (Wien) |
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