Winson Chu
Senior Fellow (03/2024 – 07/2024)
Das Ghetto Lodz und die Kriminalpolizei: Jüdinnen und Juden, Nachbar:innen und Straftäter im Holocaust
Dieses Projekt untersucht, wie lokale Angehörige der Kriminalpolizei im nationalsozialistisch besetzten Polen sich am Holocaust beteiligten und dabei ihr „Deutsch-Sein“ förderten. Ihre Ortskenntnis nutzten diese Polizisten in der Stadt Lodz dazu, ihre ehemaligen Nachbar:innen – auch solche, die sich unter den 200.000 Jüdinnen und Juden im Ghetto von Lodz befanden – zu verhaften und zu foltern. Die Untersuchung offizieller deutscher Dokumente sowie jüdischer Zeugenaussagen auf Polnisch und Jiddisch ermöglicht es, die Geschichte des Ghettos von unten zu schreiben und zu verstehen, wie einzelne jüdische Opfer auf ihre Verfolgung reagierten. Dieser Ansatz betrachtet die Geschichte des Ghettos als eine Geschichte von Kontinuitäten, sowohl räumlich als auch zeitlich, und bietet eine umfassende Darstellung des deutsch-polnisch-jüdischen Verhältnisses während des Holocaust sowie im Polen des zwanzigsten Jahrhunderts.
Winson Chu, außerordentlicher Professor für Neuere Mitteleuropäische Geschichte an der University of Wisconsin-Milwaukee und Autor von The German Minority in Interwar Poland. Er war Mitglied des Vorstands der Polish Studies Association, des wissenschaftlichen Beirats der Holocaust Educational Foundation der Northwestern University und des Vorstands der Central European History Society.
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Constantin Iordachi
Senior Fellow (10/2023 – 02/2024)
„Säuberungen“ des Ultranationalismus: Eine vergleichende Geschichte des Faschismus in Osteuropa, 1918–1945
Das Projekt vergleicht Spielarten des Faschismus in Osteuropa, um die faschistischen Bewegungen und Regime in dieser Region stärker in die allgemeine Faschismusforschung zu integrieren. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem faschistischen Streben nach gewaltsamer „Säuberung“ und der Rolle, die Faschist:innen in der Region bei der Planung und Durchführung des Holocaust spielten. Ziel des Projekts ist es, eine neue Forschungsagenda für das vergleichende Studium des Faschismus aufzustellen und somit zur Feinabstimmung oder grundlegenden Änderung der bestehenden Erklärungsansätze beizutragen. Die vergleichende Faschismusforschung soll somit – im Sinne eines Austausches und Abgleichs wissenschaftlicher Traditionen in Ost- und Westeuropa – auf neue theoretische und methodische Grundlagen gestellt werden.
Constantin Iordachi, Professor am Historischen Institut der CEU, Präsident der International Association for Comparative Fascist Studies (ComFas) und Mitglied der Academia Europaea – The Academy of Europe. Mitglied des Akademischen Ausschusses des Hauses der Europäischen Geschichte, Brüssel. Iordachi ist u. a. Chefredakteur des CEU Review of Books.
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Atinati Mamatsashvili
Senior Fellow (10/2023 – 04/2024)
Literatur im Angesicht des Nationalsozialismus. Die mörderischen Räume antisemitischer Politik in den 1930er und 1940er Jahren
Das Projekt untersucht literarische Werke französischsprachiger Autor:innen im Europa der 1930er und 1940er Jahre. Es geht der Frage nach, wie sich die nationalsozialistische Ausgrenzungspolitik gegenüber den Jüdinnen und Juden in Schriften von Autor:innen manifestiert, die ab den 1930er Jahren vor den Gefahren der nationalsozialistischen Ideologie warnten und „zwischen den Zeilen“, direkt oder durch heimliche Veröffentlichungen, die Bedingungen anprangerten, denen Jüdinnen und Juden ausgesetzt waren. Die Untersuchung der Verfolgungspraxis anhand literarischer Werke stützt sich auf Fragen der Räumlichkeit, die die Begriffe „Ausgrenzung“ und „Verfolgung“ von Anfang an aufwerfen.
Atinati Mamatsashvili , Professorin für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Ilia State University in Tiflis. Forschungsschwerpunkte: Literatur und totalitäre Regime (Drittes Reich und Sowjetunion), französische und frankophone Literatur und Antisemitismus. Mitglied des Komitees der Buchreihe Comparative History of Literatures in European Languages (CHLEL).
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Kateřina Čapková
Senior Fellow (10/2024 – 03/2025)
Von der Zwangsassimilation zur Vernichtung. Zwei divergierende Politiken gegenüber Rom:nja und Sinti:zze im Protektorat Böhmen und Mähren
Ziel dieses Forschungsprojekts ist eine detaillierte Analyse der Kriegserfahrungen von Rom:nja und Sinti:zze im Protektorat Böhmen und Mähren auf der Grundlage umfangreicher Archivrecherchen in zentralen und lokalen Archiven in der Tschechischen Republik und in Deutschland, eingebettet in den europäischen Kontext des Holocaust an Rom:nja und Sinti:zze. In den Ländern des nationalsozialistisch besetzten Europas oder in den Ländern der nationalsozialistischen Verbündeten lassen sich verschiedene Modelle diskriminierender Politiken unterscheiden. Während in den meisten von ihnen Segregation und Deportation in Konzentrationslager oder Massenmord vorherrschten, ist Frankreich ein Beispiel für den Weg des Social Engineering mit dem Ziel der Zwangsassimilation. Außerhalb des Protektorats Böhmen und Mähren gab es jedoch eine Situation, in der beide Politiken in chronologischer Reihenfolge zu finden sind. Bis zum Frühjahr 1942 strebte die Protektoratsregierung die Zwangsassimilation der Rom:nja in die Gesellschaft an; ab Sommer 1942 wurden die einheimischen Rom:nja und Sinti:zze in spezielle Lager und ab März 1943 direkt nach Auschwitz-Birkenau deportiert.
Diese Geschichte einer völlig gegensätzlichen Politik gegenüber Rom:nja und Sinti:zze innerhalb weniger Jahre kann bei der Beantwortung mehrerer entscheidender Fragen helfen, von denen die wichtigste die Beziehung, die Ähnlichkeiten und die Unterschiede zwischen der Politik der Segregation/Auslöschung und der Zwangsassimilation sind, die die Geschichte der Rom:nja über die Jahrhunderte bis in die Gegenwart begleitet hat.
Kateřina Čapková ist leitende Wissenschaftlerin am Institut für Zeitgeschichte in Prag und lehrt an der Karlsuniversität und der NYU in Prag. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die moderne jüdische Geschichte in Europa, die Geschichte der Flüchtlinge und der Migration sowie in jüngster Zeit die Geschichte der Rom:nja und Sinti:zze. Ihr Buch Czechs, Germans, Jews? National Identity and the Jews of Bohemia (Berghahn, 2012; auf Tschechisch 2005 und 2014) wurde von der Zeitschrift Choice als herausragender akademischer Titel des Jahres 2012 bezeichnet. Zusammen mit Hillel Kieval ist sie Mitherausgeberin des Sammelbandes Prague and Beyond: Jews in the Bohemian Lands (Penn Press, 2021; auf Deutsch 2020; auf Tschechisch 2022; auf Hebräisch 2024), der die Geschichte der Jüdinnen und Juden in Böhmen und Mähren von der frühen Neuzeit bis in die jüngste Zeit beleuchtet. Gemeinsam mit Eliyana Adler gab sie den Band Jewish and Romani Families in the Holocaust and its Aftermath (Rutgers UP, 2020) und mit Kamil Kijek den Band Jewish Lives under Communism. New Perspectives (Rutgers UP, 2022) heraus. Im Jahr 2016 initiierte sie die Gründung des Prager Forums für Roma-Geschichte(n), einer akademischen Plattform zum Austausch und zur Förderung der Forschung über die Geschichte der Rom:nja und Sinti:zze.
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