Olena Bezhan
Fellows from Ukraine (11/2022-12/2022)
Das Holocaust-Phänomen in Kunst und Literatur
2002 veröffentlichte Jonathan Safran Foer seinen ersten Roman Everything is Illuminated, in dem er eine Reise zu den Wurzeln seiner Familie in der heutigen Ukraine nachstellt. Das Buch wurde ein Bestseller und wurde verfilmt – die Bühne für eine Begegnung zwischen amerikanischer und ukrainischer Holocaustliteratur war bereitet.
Dieses Projekt widmet sich der Analyse der Darstellung des Holocaust in der Literatur des späten 20. bis zu den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts, wobei der Schwerpunkt auf amerikanischen, spätsowjetischen und zeitgenössischen Werken liegt. Diese literarischen Darstellungen des Holocaust eröffnen einen Raum zur Erforschung und Befragung von Konzepten des Traumas und der Erinnerung, des Problems des Antisemitismus und Fragen der Identität in einer vergleichenden Perspektive.
Olena Bezhan ist außerordentliche Professorin und Dozentin an der Nationalen I.-I.-Metschnikow-Universität Odessa am Lehrstuhl für fremdsprachige Literatur der Fakultät für romanische und germanistische Philologie. Sie ist Literaturkritikerin und hat über die Literatur des Holocausts und vergleichende Arbeiten über die Untersuchung dieses Phänomens in der amerikanischen und der späten sowjetischen Literatur veröffentlicht. Ihre wissenschaftlichen Interessen umfassen amerikanische Literatur, Komparatistik, Holocaust-Literatur und anglo-amerikanisches Drama.
Dmytro Mykhailychenko
Fellows from Ukraine (05/2024-08/2024)
Jüdische Ökonom:innen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Charkiw
Im Zentrum dieses Projekts stehen jüdische Wirtschaftswissenschaftler:innen aus Charkiw in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Projekt umfasst zwei Zielsetzungen: Zum einen die Erstellung von Forschungsdatenbanken und einer Reihe von biografischen Studien, zum anderen eine vergleichende Untersuchung der Lebensläufe, der akademischen Laufbahnen und der wissenschaftlichen Methoden im regionalen und globalen Kontext. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnten begabte jüdische Jugendliche im Russischen Reich aktiv an der Hochschulbildung teilhaben. Trotz restriktiver Quoten und gewalttätiger chauvinistischer Kampagnen wurden sie zu herausragenden Theoretiker:innen und Forscher:innen, auch in einem wissenschaftlichen und akademischen Zentrum wie Charkiw, der Hauptstadt der sowjetischen Ukraine in den Jahren 1919-1934. Diese rasante Entwicklung wurde jedoch durch die stalinistischen Repressionen und den Holocaust tragisch gebremst. In einer breiteren Perspektive trägt dieses Projekt zur Untersuchung der Integration jüdischer Ökonomen in die Weltelite der Wirtschaftswissenschaften im Untersuchungszeitraum bei.
Dmytro Mykhailychenko promovierte in Geschichte und ist außerordentlicher Professor für politische Ökonomie an der Simon-Kuznets-Universität für Wirtschaft in Charkiw. Seine Forschungsinteressen umfassen die Geschichte der Wirtschaft und des wirtschaftlichen Denkens in der Ukraine. Er ist Autor biografischer Studien über jüdische Wirtschaftswissenschaftler des 20. Jahrhunderts in Charkiw, insbesondere über den Wirtschaftsnobelpreisträger von 1971, Simon Kuznets, und den Architekten der Wirtschaftsreform von 1965 in der UdSSR, Jewsei Liberman, sowie über Wirtschaftswissenschaften und -erziehung.
Nadiia Skokova
Fellows from Ukraine (09/2022-10/2022)
Aus den städtischen Wurzeln: Die Landjüdinnen und -juden an der Schwelle zur modernen Politik in Ostgalizien
Das Projekt soll das Verständnis der Galizianer erweitern – das historische Phänomen, das die galizischen Jüdinnen und Juden beschreibt, deren Identität sich unter der Herrschaft der Habsburger herausbildete und die die Mehrheit ihrer Angehörigen im Holocaust verloren. Galizien war die Region, in der die jüdische Bevölkerung eine der größten jüdischen Gemeinschaften der Welt bildete und eine ganz eigene Dynamik aufwies.
Ziel des Projekts ist es, das Alltagsleben der Jüdinnen und Juden außerhalb ihrer gemeinsamen Umgebung, den Schtetls, rekonstruieren. Einerseits zeigt es uns, wie die Jüdinnen und Juden auf dem Lande die wichtigen Bindungen an religiöse Praktiken beibehielten, und andererseits, auf welch vielfältige Weise sich die moderne Politik innerhalb der jüdischen Gemeinschaft verbreitete. Als wichtige Kontextualisierung soll auch das jüdisch-ukrainischen Zusammenleben in der Karpatenvorlandregion seit dem Ende des 19. Jahrhunderts betrachtet werden. Das soziale und wirtschaftliche Umfeld des Miteinanderlebens in der Region wird analysiert und die politischen Diskurse, die den ethnischen Antagonismus zum Hauptmerkmal von Missverständnissen machten, können so überdacht werden.
Nadiia Skokova ist Historikerin für das moderne Ost- und Mitteleuropa an der Ukrainisch Katholischen Universität in Lwiw mit besonderem Interesse an Fragen der Massenpolitik, des sozialen Wandels in der Moderne, der Minderheitenpolitik und des kulturellen Wandels. Ihre Doktorarbeit ist dem Thema der nationalen und modernen Transformation der galizischen Juden in der Zwischenkriegszeit gewidmet (Die ostgalizische zionistische Föderation (1918-1929): Formierung einer eigenen Ideologie und Aufbau einer modernen jüdischen Gesellschaft).
Viktoria Soloschenko
Fellows from Ukraine (08/2022-09/2022)
Raub und Spuren von Kulturgütern ukrainischer Jüdinnen und Juden während des Holocaust
Es gibt nach wie vor Bedarf für eine solide und vielseitige Analyse der Enteignung jüdischer Kulturgüter während der Besetzung Osteuropas. Die Beraubung ukrainischer Jüdinnen und Juden während des Holocaust wurde sowohl von offizieller Seite angeordnet als auch von Privatpersonen ausgeführt. Dabei geht es um jene Sammlungen und Einzelstücke, die in der Zeit des Nationalsozialismus ihren legitimen Eigentümern geraubt wurden.
Der Holocaust im Osten basierte auf einem Gewaltmodell, das sich grundlegend von der Geschichte des Holocaust in Westeuropa unterscheidet. Gehörten einige dieser Kulturgüter auch ukrainischen jüdischen Familien? Unter welchem Druck wurden sie beschlagnahmt? Um konfiszierte Kulturgüter und ihre Eigentümer oder Nachfolgen zu finden, ist es sehr wichtig diese Dimensionen des Problems zu erarbeiten.
Viktoria Soloschenko promovierte in Zeitgeschichte und ist stellvertretende Direktorin des Instituts für Weltgeschichte der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine. Sie war Stipendiatin des Zentrums für historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften (September 2015), des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München (Winterakademie, Februar 2016), der Deutsch-ukrainischen Historikerkommission (DUHK) an der Ludwig Maximilian Universität (September bis Oktober 2017), des Herder Instituts für historische Ost- und Mitteleuropaforschung in Marburg (Dezember 2018), des Instituts für Zeitgeschichte (November bis Dezember 2021) und des United States Holocaust Memorial Museum Washington (Juli 2021).
Zu ihren Forschungsfeldern gehören NS-Raubkunst, Restitution, der Holocaust in der Ukraine und ukrainisch-deutsche kulturelle Beziehungen von der Mitte des 20. bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts. Ihr aktuelles Forschungsthema konzentriert sich auf NS-Raubkunst mit besonderem Schwerpunkt „Beschlagnahmungen und Spuren von Kulturgütern ukrainischer Jüdinnen und Juden während des Holocaust“.