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Lebenslauf Simon Wiesenthal


Simon Wiesenthal Portrait. Simon Wiesenthal war ein unermüdlicher Kämpfer gegen die Gleichgültigkeit gegenüber den Verbrechen des Nationalsozialismus, dagegen, dass die Täterinnen und Täter nicht zur Verantwortung gezogen werden. Vom Tag seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Mauthausen an machte er es sich zur Lebensaufgabe, NS-Verbrecherinnen und Verbrecher aufzuspüren und vor Gericht zu bringen: Recht, nicht Rache, so der Titel eines seiner zahlreichen Bücher, war sein Credo in diesem Kampf.


Geboren in der Silvesternacht 1908 in Buczacz, im altösterreichischen Galizien, studierte er – an der inzwischen zu Polen gehörenden Universität in Lemberg wegen des antisemitischen Numerus Clausus nicht zugelassen – an der Technischen Universität Prag Architektur. Nach Abschluss des Studiums 1932 kehrte er nach Galizien zurück, heiratete 1936 seine Jugendliebe Cyla und eröffnete ein Architekturbüro. Mit dem Hitler-Stalin-Pakt wurde Lemberg 1939 sowjetisch, Wiesenthals Büro verstaatlicht. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion durch NS-Deutschland wurde er im Juli 1941 verhaftet. Es folgten vergebliche Fluchtversuche und ein Leidensweg durch mehrere Konzentrationslager. Geschwächt und ausgemergelt, wurde Simon Wiesenthal im Mai 1945 durch die US-Armee aus dem KZ Mauthausen befreit. Cyla Wiesenthal hatte unter falschem Namen und Zwangsarbeit in Deutschland überlebt. In Linz trafen sie wieder aufeinander. Ein Jahr später wurde Tochter Pauline geboren.


Nachdem Wiesenthal in Linz der US-Besatzungsmacht geholfen hatte, ehemalige SS-Männer aufzuspüren, gründete er 1947 die Dokumentationsstelle Jüdische Historische Dokumentation. Diese sammelte Zeugenaussagen und Beweismittel zu NS-Täterinnen und Tätern und leitete sie an die zuständigen Gerichte weiter. Im Kalten Krieg erlahmte aber nach anfänglichen Erfolgen das Interesse an der Verfolgung von NS-Verbrechern, und Wiesenthal sah sich wegen mangelnder Ressourcen und Unterstützung schließlich gezwungen, das Zentrum aufzulösen. Hunderte von Akten, Zehntausende von Dokumenten, Täter- und Opferkarteien kamen so in die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Nach seiner Übersiedlung nach Wien nahm Wiesenthal 1961 seine in Linz begonnene Tätigkeit wieder auf: zuerst im Rahmen der Israelitischen Kultusgemeinde in der Zelinkagasse, nach Zerwürfnissen mit dieser schliesslich am Rudolfsplatz. Zuletzt übersiedelte das Dokumentationszentrum des Bundes Jüdischer Verfolgter des Naziregimes in die Salztorgasse, in die Nähe des ehemaligen Wiener Gestapo-Hauptquartiers am Morzinplatz.


Akribisch zeichnete von nun an Wiesenthal jede verfügbare Information auf, verfolgte jedes Gerücht über den Aufenthaltsort der von ihm Gesuchten und korrespondierte mit Stellen und Einzelpersonen auf der ganzen Welt über den möglichen Verbleib der NS-Verbrecherinnen und Verbrecher. Dank seiner Tätigkeit konnten unter vielen anderen SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann, der Hauptorganisator und einer der zentral Verantwortlichen für die Deportation und Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden, der Wiener Polizeibeamte Karl Silberbauer, der Anne Frank verhaftet hatte, Franz Stangl, Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka, und Franz Murer, der ,Schlächter von Vilnius‘ ausfindig gemacht bzw. vor Gericht gestellt werden. Bis heute stapeln sich in seinem Archiv auf den Regalen Tausende Akten, die Wiesenthal über NS-Täterinnen und Täter angelegt hatte. Darunter befinden sich zahlreiche Ordner, die Wiesenthals jahrzehntelange Fahndung nach dem KZ-Arzt Josef Mengele dokumentieren, sowie Akten und Dokumente zur Verfolgung und Aufspürung von Adolf Eichmann oder der ehemaligen KZ-Aufseherin in Ravensbrück Hermine Brausteiner-Ryan.


Im nicht gerade offenen Klima der 1960er-Jahre wurden ihm aber auch immer wieder Hindernisse in den Weg gelegt, er häufig als Störenfried oder Querulant erachtet, verleumdet und diffamiert. Simon Wiesenthal kritisierte immer wieder das Desinteresse österreichischer Behörden an der Ausforschung und Strafverfolgung von NS-Tätern. Seine Feststellungen und Memoranden blieben aber lange folgenlos, waren doch Staatsanwaltschaft und Polizei angeblich überlastet, Ermittlungen wurden verzögert, unter den ermittelnden Beamten befanden sich häufig ehemalige NS-Parteigänger. Obwohl ihm in der Öffentlichkeit vielfach Gegenwind entgegenschlug, setzte sich Wiesenthal unermüdlich dafür ein, dass der Genozid an Jüdinnen und Juden, an Roma und Sinti, aber auch an anderen von den Nationalsozialisten verfolgten Gruppen, nicht ungesühnt bleibt: Ohne sein unermüdliches Engagement wäre eine Vielzahl von Ermittlungen gegen zum Teil auch prominente Täterinnen und Täter nicht zustande gekommen. Ständig auch körperlicher Bedrohung ausgesetzt, entging er 1982 nur knapp einem Bombenanschlag.


1975 kam es zwischen dem damaligen österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky und Wiesenthal zu einem bitteren, sich über Jahre ziehenden Konflikt, einer deren Ausgangspunkte die SS-Vergangenheit des FPÖ-Vorsitzenden Friedrich Peter war. Im Rahmen einer Pressekonferenz warf Kreisky Wiesenthal, ohne Beweise vorlegen zu können, vor, mit der Gestapo kollaboriert zu haben. Obwohl Wiesenthal seine Klage gegen Kreisky zurückzog und der Kanzler seine Anschuldigungen widerrief, schwelte der Konflikt weiter: 1990 wurde Kreisky der Verleumdung für schuldig befunden.

 

1986 kam es im Zuge der ‚Waldheim-Affäre‘ zu einem öffentlichen Disput um die Mitgliedschaft des späteren österreichischen Bundespräsidenten in der SA und um die falschen Angaben zu dessen Tätigkeit in Griechenland im Zweiten Weltkrieg. Wiesenthal, der anfänglich biographische Angaben Waldheims ungeprüft übernahm, ihn auch persönlich und politisch schätzte, nahm gegenüber Waldheim eine differenzierte, ihn zum Teil auch verteidigende Haltung ein und forderte die Aufstellung einer internationalen Historikerkommission. Von der österreichischen Bundesregierung eingesetzt, kam diese zu dem Schluss, dass Waldheim keine persönliche Schuld an Kriegsverbrechen trage, ihm aber Mitwisserschaft von Deportationen griechischer Juden und das Verschweigen und Beschönigen seiner Tätigkeiten während des Krieges anzulasten seien.


Eine ausführliche und einfühlsame Biographie Simon Wiesenthals hat der israelische Historiker Tom Segev 2010 vorgelegt.


Simon Wiesenthal starb am 20. September 2005 im Alter von 96 Jahren in Wien, zwei Jahre nach dem Tod seiner Frau. Er wurde am 23. September 2005 in Herzliya-Pituach, in Israel beigesetzt.

 
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Das Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) wird gefördert von:

 

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