„Mein polnisches Tagebuch“: Ein Editions- und Erinnerungsprojekt zu den Memoiren eines Gendarmen aus Österreich im NS-besetzen Polen
Der österreichische Gendarm Adolf Landl war im Zweiten Weltkrieg im deutschen Dienst im Raum Kielce eingesetzt und berichtete ab 1941 heimlich dem polnischen Widerstand über geplante Mordaktionen gegen die polnische und jüdische Bevölkerung. Damit rettete er vielen Menschen das Leben. Unterstützt wurde er dabei von seinem Kollegen Josef Rothwein, der als Schreiber in der Gendarmerie Kielce eingesetzt war.
Im Gegensatz zu Josef Rothwein überlebte Adolf Landl den Krieg, haderte aber mit einer österreichischen Gesellschaft, in der die ehemaligen Täter sogar wieder dem Polizeiberuf nachgehen konnten. In Polen, bei den ehemaligen Partisan:innen, mit denen er brieflich Kontakt hielt, fühlte er sich besser verstanden, und besuchte 1960 sogar Łopuszno, jenen Ort hinter dem Eisernen Vorhang, in dem er ab 1941 stationiert war.
Die Memoiren Adolf Landls, die er viele Jahre nach dem Krieg unter dem Titel „Mein polnisches Tagebuch“ verfasste, schildern schonungslos den brutalen Besatzungsalltag in Polen aus der Sicht eines unmittelbar Beteiligten. Nach seinem Tod 1963 entdeckt, lösten sie staatsanwaltliche Ermittlungen in Österreich gegen ehemalige Kollegen aus, die 1969 zu einem Prozess gegen den Gendarmeriehauptmann von Kielce, Gerulf Mayer führten. Mayer wurde zu elf Jahren Haft verurteilt. Im Zuge ihrer Nachforschungen ermittelten österreichische Polizeibeamte sogar mit polnischen Kolleg:innen vor Ort. Simon Wiesenthal war in die Ermittlungen zu den Verbrechen im Raum Kielce direkt involviert.
Das VWI recherchiert derzeit in Archiven in- und außerhalb Österreichs zum „Fall Landl“ und arbeitet – gemeinsam mit dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) und dem Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) in Leipzig – an einer kritischen wissenschaftlichen Edition der Memoiren Landls.