Lóránt Bódi
Research Fellow (10/2024 – 03/2025)
Überreste ohne Körper: Die kulturelle Imagination der Holocaust-Seifen
Schon während des Zweiten Weltkriegs gab es in der Öffentlichkeit Gerüchte und erschütternde Vorstellungen über die deutsche Vernichtungsmaschinerie, die sich Jahrzehnte später zu Legenden oder Mythen verfestigten. Eine der beständigsten Holocaust-Legenden war die Geschichte der sogenannten RIF-Seifen. Überlebende haben jahrzehntelang eine wichtige Rolle bei der Bewahrung der Erinnerung an diese Seifen gespielt, aber die Geschichte hat sich auch über die Grenzen dieser Erinnerungen hinaus in den öffentlichen Diskurs bewegt. Bislang hat sich die historische Forschung meist auf den historischen Ursprung des „Seifenmythos“ konzentriert und versucht, diese Legende zu falsifizieren. Dieses Projekt folgt jedoch dem Ansatz der Geertz'schen historischen Anthropologie, um die soziale Funktion zu erforschen, die solche Mythen in einem bestimmten kulturellen Kontext als Reaktion auf die Tragödie des Holocaust weiterhin haben. Insbesondere das Wissen um die Ursprünge der Seifen unter den Überlebenden wurde nie berücksichtigt, dieses Forschungsprojekt hat zum Ziel, diese wichtigen Lücken zu füllen. In diesem Sinne werden der „Mythos“ und seine verschiedenen historisch-semantischen Schichten anhand der Zeugnisse von Überlebenden, jüdischen Gedenkpraktiken und öffentlichen Diskursen analysiert.
Lóránt Bódi ist Sozialforscher und Redakteur. Er arbeitete als Assistant Research Fellow an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in internationalen Forschungsprojekten wie COURAGE (Horizon2020) und UMSCEN (Creative Europe). Er promovierte an der ELTE (Eötvös Loránd University) im Rahmen von Atelier - Europäische Historiographie und Sozialwissenschaften. Sein Hauptforschungsinteresse gilt der osteuropäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts, mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Geschichte autoritärer Regime und dem Holocaust. Seit 2022 ist er Chefredakteur der Zeitschrift Café Bábel. Derzeit ist er Gastdozent an der Metropolitan University und der Corvinus University (Széchenyi College for Advanced Studies) sowie Research Fellow am VWI.
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