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Christina Winkler: Der Russische Blick auf die Shoah – Offizielles Gedenken versus individuelle Erinnerung an ein Massenverbrechen: Das Beispiel der Stadt Rostow am Don
   

Mittwoch, 25. Juni 2014, 15:00 - 16:30

Österreichische Akademie der Wissenschaften Dr. Ignaz Seipel-Platz 2, Museumszimmer 1010 Wien

 

VWI goes to Österreichische Akademie der Wissenschaften

Die Erinnerung an den Holocaust hat in Russland seit dem Zerfall der Sowjetunion, wie auch während deren Bestehen keinen angemessenen Platz im kollektiven Gedächtnis erhalten. Insbesondere angesichts der Tatsache, dass das heutige russische Staatsgebiet nachweislich in mindestens 400 Fällen Schauplatz des Genozids an europäischen und sowjetischen Juden war, wirft dieser Befund Fragen nach den Ursachen dieses Ausblendens auf. Einen gesellschaftlichen Konsens als Gründungsmythos erzielt in der Russischen Föderation der Sieg im Großen Vaterländischen Krieg. Was aber macht die Kraft dieses bereits zu Sowjetzeiten vorherrschenden nationalen Symbols heute aus? Während die Machthaber der UdSSR ein nachvollziehbares Interesse daran hatten, jegliche Erinnerung an die eigene kommunistische Diktatur durch die Erinnerung an den heldenhaften Sieg über den Faschismus zu überlagern, dient dasselbe Geschichtsnarrativ heute der Legitimierung einer zentralistischen Ordnung und der Verdrängung unterbewusster Ängste sowie eines Identitätsdefizits innerhalb der postsowjetischen russischen Bevölkerung, das weitreichende gesellschaftliche Folgen hatte: Die nationalistische Politik Wladimir Putins verstand es, die Ängste der Bevölkerung für sich zu nutzen und in Abschottung, antiwestliche Agitation und die Rückbesinnung auf alte Werte umzuwandeln. In dieses Konzept ließ sich umso mehr das alte und neue Ideal des starken Russland einfügen, versinnbildlicht durch den Sieg über den Faschismus.
Wie aber gestaltet sich Erinnerung an einem ehemaligen Tatort der Shoah? Die Stadt Rostow am Don wurde im August 1942 zum Schauplatz der größten Vernichtungsaktion auf russischem Gebiet. Innerhalb von drei Tagen wurde die gesamte jüdische Bevölkerung der Stadt ausgelöscht, nach Meinung einiger russischer Historiker bis zu 27.000 Menschen. Um der Frage nachzugehen, wie sich die nichtjüdische Bevölkerung an das Massenverbrechen erinnert und welche Narrative über den Holocaust an diesem Ort existieren, wurde eine Interviewstudie durchgeführt deren Ergebnisse den Überlegungen zur offiziellen Kriegserinnerung gegenüber gestellt werden.

Kommentar: Laurie R. Cohen
Moderation: Heidemarie Uhl

Christina Winkler, VWI-Junior Fellow, MA in Slawistik und VWL (1999) sowie in Holocaust-Studien (2009). Berufliche Stationen beim Goethe Institut in Wolgograd (2000-2001), der Otto Benecke Stiftung (2002), dem Petersburger Dialog (2002-2005) sowie dem Programm Journalisten International der Freien Universität Berlin (2006-2009). Seit 2010 Promotionsstipendiatin des Stanley Burton Centre for Holocaust and Genocide Studies der Universität Leicester, sowie des Ernst-Ludwig-Ehrlich Studienwerks Berlin (2011-2013).

Laurie R. Cohen, Historikerin, Institut für Politikwissenschaften, Universität Innsbruck. Jüngste Publikation: Smolensk Under the Nazis: Everyday Life in Occupied Russia. Rochester 2013

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